Mittwoch, 24. August 2016

Weg von hier

Hallo Freunde,
hatte jemand von euch schon mal das Gefühl, es an einem Ort nicht mehr aushalten zu können...egal, wie sehr man sich bemüht?


Amy hielt es nicht mehr aus. Sie musste raus, weg von hier. Am besten in eine Großstadt. Sie wollten niemanden von ihnen mehr wieder sehen, abgesehen von ihrer besten Freundin vielleicht. Es war früher Abend, als sie ihre Tasche packte.
In etwa einer Stunde wollte sie mit dem Zug von ihrem kleinen, beschaulichen Dorf in die Großstadt fahren. Nun war endlich der Tag gekommen und sie konnte sich nicht einmal von jemandem verabschieden, Tina ausgenommen.
Ihre beste Freundin war die Einzige gewesen, der sie sich anvertraut hatte. Diese war zwar nicht gerade begeistert davon gewesen, aber sie wusste, dass Amy das Dorf hasste. Also hatte Tine es für sich behalten und sich sogar ein wenig für Amy gefreut, auch wenn sie ahnte, dass sie ihre Freundin schrecklich vermissen würde.
Es hatte kaum einen Tag gegeben, an dem sie sich nicht gesehen hatten, weil man sich hier unweigerlich andauernd über den Weg  läuft.
Und auch das war es, was Amy nicht mehr aushielt. Sie wollte nicht mehr Tag ein, Tag aus dieselben Leute sehen, die sie seit 21 Jahren kannte. Es war an der Zeit neue Wege einzuschlagen.
Doch wenn es nach ihren Eltern ging, wäre sie  nie wirklich hier raus gekommen. Als Amy aufs Internat wollte, ließen ihre Eltern sie nicht. Als sie in der 11. Klasse ein Auslandsjahr machen wollte, ließen ihre Eltern sie nicht und als sie nach dem Abschluss um die Welt reisen wollten, von ihrem eigenen Geld, ließen ihre Eltern sie nicht. Deswegen hatte sie ihr Leben lang gerade einmal die umliegenden Städte gesehen und das war es.
Doch dann war sie auf die Internetseite des Oxford Colleges gestoßen, welches auch vollbezahlte Stipendien anbot, wenn man zwar das Wissen hatte, aber sich die Eliteuniversität nicht leisten konnte. Amy erinnerte sich immer noch genau an dem Tag, als sie ihre Bewerbung für ein Stipendium losschickte. Sie war so aufgeregt gewesen. Und dann, einen halben Monat später, kam die Zusage.
Noch nie war sie so glücklich gewesen, endlich konnte sie weg von hier, in die Welt.
Ihre Eltern würden ihr zwar etwas fehlen, aber deswegen würde sie nicht zurück kommen.
Am nächsten Montag würde das Semester beginnen und als Amy an diesem Abend zum Bahnhof lief, spürte sie, wie eine große Last von ihren Schultern fiel. Sie war frei. Das Gefühl der Erdrückung und der Einengung war weg. Für einen Moment war sie einfach glücklich.
Doch dann prasselte die Wirklichkeit wieder auf sie nieder und sie bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie sich nicht verabschiedet hatte, besonders nicht von ihrem großen Bruder Luke. Für einen Augenblick überlegte sie noch einmal zurück zu gehen und ihm auf Wiedersehen zu sagen, aber sie entschied sich dagegen. Er würde damit leben müssen. Und für sie war es an der Zeit loszulassen, wirklich loszulassen.
Inzwischen war sie am Fahrkartenschalter angekommen. Sie kauft sich eine Karte. Der Mann dahinter lächelte sie freundlich an.
„Hallo, Amy, wohin geht’s denn?“, fragte er.
„Einmal nach Oxford bitte.“
Er blickte Amy erstaunt an. „Das ist aber weit weg.“
„Hmm.“, antwortete sie nur, bezahlte das Ticket und ging zum Bahnsteig.
In nicht mal mehr zehn Minuten kam der Zug und langsam fingen Amys Knie an zu zittern, aber nicht vor Angst, sondern vor Aufregung. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, kam der Zug. Voller Freude setzte sie den ersten Schritt hinein, als sie plötzlich jemand am Arm festhielt.
„Bitte warte noch.“, es war ihr Bruder. Er hatte sich noch nie so traurig und verloren gefühlt, da seine Schwester ohne ein Wort abhauen wollte. Wieso hatte sie ihm nichts davon erzählt? Er hätte sie doch verstanden. „Bitte, Amy, es ist okay, wenn du gehen willst. Aber du solltest dich wenigstens noch von uns allen verabschieden.“ Einen Moment wankte wieder einmal Amys Entschluss einfach ohne ein Wort zu verschwinden. Traurig sah sie ihren Bruder an.
Bevor sie etwas erwidern konnte, rief der Schaffner: „Bitte, Ms., wenn Sie mitfahren wollen, dann steigen Sie jetzt ein.“

Wie findet ihr die Story? :)

Dienstag, 23. August 2016

Die erste Kurzgeschichte

Hi Leute,
Ich habe mir den Blog heute erstellt, also werde ich auch gleich mal meine erste Kurzgeschichte hochladen :D
Ich hoffe, sie gefällt euch :)

Es war ein kalter Dezember, als es passiert.
Über die Nacht hatte es Blitzeis gegeben, weshalb ein Autofahrer von der Straße abkam. Er raste direkt auf uns, Chris und mich, zu. Noch bevor ich überhaupt merkte, was passiert war, hatte er mich schon zur Seite gestoßen und ich war auf dem kalten Pflaster aufgekommen.
Den Aufprall bemerkte ich noch, doch danach verlor ich das Bewusstsein. Und da lag er nun, mein bester Freund seit Kindertagen, in einem dieser schrecklichen weißen Krankenhausbetten.
Ich hatte den Unfall vor einem halben Jahr ohne bleibenden Schaden überstanden, aber ihn hatte es viel schlimmer getroffen. Er lag im Koma und obwohl ich ihn täglich besuchte, kam es mir immer noch surreal vor, ihn so zu sehen. Die Ärzte meinten, an jedem weiteren Tag, der verging, wurden die Aussichten geringer, dass er jemals wieder aufwachte.
Daran wagte ich gar nicht zu denken, allein von der Überlegung ihn nie wieder lachen zu hören wurde mir übel. Doch bereits einen Tag nach den Unfall war in meinem Kopf diese Stimme, die sagte: "Das alles wird nicht gut enden!" Jedes mal sagte ich zu mir selbst: "Beruhig dich, Jane, er wird es überleben, alles wird gut."
Dann etwa eine Woche nach dem Unfall hatte ich mich zum ersten Mal getraut ihn wieder anzufassen. Damals hatte ich seine Hand genommen, aber vor Schreck gleich wieder losgelassen, denn sie war eiskalt und wirkte leblos. Und nun nach einem halben Jahr war es so weit, einen Tag nach seinem fünfundzwanzigsten Geburtstag sollten die lebenserhaltenden Maschinen abgestellt werden.
Als ich an diesem Tag, einen Tag vor seinem Geburtstag, ihn besuchte, flehte ich zu jedem Gott, den ich kannte, es solle ein Wunder geschehen. Doch solange ich auch wartete, es geschah nichts.
Also fing ich an ihn zu beobachten, seine dunkelbraunen Haare, die strahlend weißen Zähne und dachte ich an sein Augen. Sie hatten ein tiefes Blau und jedesmal, wenn ich sie ansah, hatte ich das Gefühl darin zu versinken. Erst jetzt merkte ich die Intensivität, mit der ich ihn vermisste.
Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, dass ich für Chris jemals etwas anderes empfinden könnte als Freundschaft, hätte ich mich kopfschüttelnd abgewandt, doch jetzt war es zum ersten Mal mehr als das.
Bevor ich wusste, was ich da tat, gab ich ihm einen Kuss, kein besonders langen und unsere Lippen hatten sich auch nur leicht berührt, aber trotzdem war er der schönste, den ich je erlebt hatte.
Im ersten Moment war ich geschockt, hatte ich das gerade wirklich getan? Ich war überwältigt von meinen Gefühlen, doch dann wandte ich mich aber, denn das alles war nicht richtig. Ich wusste genau, dass er in zwei Tagen sterben würde, also durfte mir so etwas nicht passieren.
Leise flüsterte ich: "Es tut mir leid."
Ich wollte mich gerade umdrehen und gehen, als ich noch hinzufügt: "Bitte wach auf, tu es für mich."
Ich wandte mich zum Gehen und war gerade an der Tür angekommen, als ich hinter mir hörte wieder jemand leise sagte: "Warte, Jane, verlass mich nicht."